Ergebnis der BFH Verhandlung...

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proallrad
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Ergebnis der BFH Verhandlung...

Beitrag von proallrad »

...ein Ergebnis liegt noch nicht vor - nur Impressionen - anbei mein Kurzbericht:

Die Richter waren 1. sehr interessiert und 2. sehr gut vorbereitet.

Der Verlauf war, das RA Nehm ca. 40 Minuten referiert hat (mit Verweisen auf die Schriftsätze) und die Richter aufmerksam zugehört haben. Ich hatte kein Rederecht und durfte mich nur auf den Zuschauerplätzen "rumdrücken"

Dann hat die Vertreterin des FA Leverkusen sich artikulieren dürfen (ca.10 Min.) - das was sie gesagt hat, war das übliche "Bla Bla" - und - um es mit den Worten einer anwesenden Vertreterin einer OFD zu sagen: "Das war so peinlich und am Thema vorbei, das man sich gewünscht hätte, das sich ein Loch im Boden öffne und Sie drin versinken möge."

RA Nehm hat dazu nochmals Stellung bezogen - ca. 5 Minuten.

Was dann folgte war ein ausgiebiges Rechtsgespräch - bedeutet eine teilweise durchaus intensive Diskussion zwischen Richtern (Vorsitzendem + Berichterstatter) und RA Nehm. Die Richter haben verschiedene Sachverhalte per Fragestellung angesprochen und dann mit RA Nehm erörtert.

Die Richter haben verschiedene "Dinge" eingeräumt, die in der Vergangenheit immer bestritten oder nicht bedacht wurden - das entweder durch verbale Eingeständnisse oder durch zustimmendes Kopfnicken.

Z.B. das die EU-Richtlinie höchstrangiges Verkehrsrecht ist und das z.B. das KraftStG (die Änderungen) schlecht gemacht wurde!!! Auch das ein Mehrzweckfahrzeug eine 2.Sitzreihe benötigt, nicht verblecht sein darf, keine Trennwand haben darf und das die bestuhlbare Fläche immer größer sein muss, als die unbestuhlbare Fläche haben die Richter durch Kopfnicken bestätigt.

Stillschweigende Einigkeit bestand auch darin, dass der bisherige Kriterienkatalog des BFH in vielen Punkten nicht geeignet ist, um dem neuen Gesetzestext gerecht zu werden, was die Bestimmung der Vorrangigkeit betrifft.

Der Vorsitzende hat dann per Frage das Thema aufgeworfen, ob man aus dem geänderten Gesetz nicht den politischen Willen ableiten könne, dass alle genannten Fahrzeuge generell nach Hubraum zu besteuern wären, obwohl das natürlich nicht im Gesetz steht.

Das dass natürlich nicht möglich ist, wurde von RA Nehm vehement vorgetragen, denn wenn der Gesetzgeber etwas bestimmtes erreichen möchte, dann muss er das halt auch im Gesetz verankern ? was er nicht getan hat. Auch das es nicht Aufgabe der Rechtsprechung ist, "Fehler" des Gesetzgebers auszubügeln wurde ausgiebig erörtert.

Für mich eine kleine, aber wichtige Nebenbemerkung des Vorsitzenden war, das es sich doch wahrscheinlich prinzipiell um eine kleine Gruppe von Fahrzeugen handele, um die es im Rechtsstreit ginge (weil die SUV´s raus fallen) - das erschien nicht nur mir als Abwägung, was denn passieren würde, wenn wir vom BFH Recht bekommen?

Die Richter haben jedenfalls nicht ansatzweise durchblicken lassen, wie sie denn entscheiden werden.

Das Ergebnis liegt dann in schriftlicher Form Ende Oktober/Anfang November vor - wir dürfen gespannt sein

Gruß Stefan

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DerAustralier
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Beitrag von DerAustralier »

danke stefan!

der knackpunkt liegt wohl im drittletzten absatz deines berichts:

da es sich um vergleichsweise wenig betroffene fahrzeuge handelt, bricht denen kein zacken aus der krone zu unseren gunsten zu entscheiden und endlich recht zu sprechen.

somit wäre auch dem willen des gesetzgebers genüge getan, die masse anzukassieren.
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landcruiser
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Beitrag von landcruiser »

Eine sehr gut verständliche Darstellung.

Danke!

Hoffen wir, dass der positive Eindruck sich in einem entsprechenden Urteil niederschlägt.

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Bergler
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Beitrag von Bergler »

Danke Stefan,

das hört sich schon mal ganz gut an. Vor allem, dass offenbar das Richterkollegium sich wenig mit dem FA-Vertreter beschäftigte, dafür aber intensiv mit dem Klägervertreter.

Jetzt heißt es weiter Daumendrücken; der BFH wird sich überlegen, wie groß die Lawine ist, die er lostreten könnte.
Es bleibt spannend!

Grüße
Thomas
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BJ Axel
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Beitrag von BJ Axel »

Bergler hat geschrieben:das hört sich schon mal ganz gut an. Vor allem, dass offenbar das Richterkollegium sich wenig mit dem FA-Vertreter beschäftigte, dafür aber intensiv mit dem Klägervertreter.


Das kann aber auch bedeuten, daß die Richter die Argumente des FA schon genau kannten bzw. akzeptiert hatten. Nur keine voreiligen Schlüsse!

Axel
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Bergler
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Beitrag von Bergler »

@Axel: Sollte nur eine mutmachende erste Kommentierung sein.

"Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand" - das ist so - leider

Wir müssen abwarten. Ich habe schon Verhandlungen erlebt, die erst deutlich in eine Richtung zeigten und dann doch ganz anders geurteilt wurde - auch vor dem BFH.
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BJ Axel
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Beitrag von BJ Axel »

Ich weiß, ich wäre auch fast der Euphorie einer positiven Interpretation des geschilderten Geschehens erlegen...

Axel
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Nordlicht
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Beitrag von Nordlicht »

ich denke kleine oder grosse Gruppe macht doch keinen Unterschied um für die Verteidigung( FA )zu entscheiden ,eher aber für die Klageseite
denn die 'kleine' ist doch schliesslich bis vor's BFH gezogen und hat sich nicht einschüttern lassen ...think pink

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Timo
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Beitrag von Timo »

BJ Axel hat geschrieben:Das kann aber auch bedeuten, daß die Richter die Argumente des FA schon genau kannten bzw. akzeptiert hatten. Nur keine voreiligen Schlüsse!


Welche Argumente? Wenn der Vortrag der Gegenseite in München so grandios wie in Köln war und angesichts der Schriftsätze und des Vortrags von RA Nehm, wie der Bericht von Stefan bestätigt, bin und bleibe ich sehr zuversichtlich!

Vielen Dank Stefan und RA Nehm! :thumbsup:
ABSOLUT. LC HJ60 - when in doubt, floor it !
&
LC 78 - der RAMBLER - when you're ready to get serious !

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proallrad
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Beitrag von proallrad »

Ich stelle hier mal die Eindrücke von Feldi (PA Mitglied und BFH Zuschauer) online:

Nachdem Stefans Bericht (oben) schon ziemlich ausführlich ist, hier nur noch ein paar Randbemerkungen:
Was Stefan etwas sachlich als die Diskussion über den politischen Willen hinter dem KraftStG beschrieben hat, war für mich 'ne echte Schrecksekunde. Nachdem der vorsitzende Richter angemerkt hatte, daß das Gesetz zwar schlecht gemacht , der politische Wille dahinter aber eigentlich klar sei, entgegnete Nehm sehr vehement (in etwa) "Herr Vorsitzender, mit Verlaub, es ist nicht Aufgabe dieses Gerichts, einen mutmaßlichen politischen Willen durchzusetzen, sondern nach einem bestehemden Gesetzestext zu entscheiden" - das war schon ziemlich frech, und ich hab erstmal geschluckt. Und nachdem das Gericht eigentlich nie direkt auf den Gesetzestext einging, mußte Nehm mehrfach betonen, daß sich der Gesetzgeber bei §2-2a (Vorrangigkeit der Perbef.)wohl irgendwas gedacht habe und man diesen Teil des Gesetzes nicht einfach übersehen dürfe.
Interessant war auch, wie die Richter versuchten, mit Erklärungen über die historische Entwicklung von Steuer- und Verkehrsrecht und deren Abhängigkeiten unseren Anwalt aus der Reserve zu locken. Nehm blieb aber völlig souverän, hatte alle Daten und Paragraphen parat, argumentierte sehr fundiert und blieb jederzeit Herr der Lage. Das war schon ziemlich beeindruckend. Die Vertreterin der Gegenseite hat während der Diskussion nicht ein einziges Mal den Mund aufgemacht und schien auch völlig überfordert zu sein.
Das Thema "Rückwirkung des Gesetzes" wurde erstaunlicherweise praktisch garnicht angesprochen.
Was kommt jetzt dabei raus? - keine Ahnung. Obwohl die Richter in einigen Punkten Zustimmung signalisierten, ließ sich absolut nicht erkennen, wie sie entscheiden werden; auf jeden Fall haben sie jetzt ein echtes Problem. Denn nachdem unser Anwalt das ganze Thema bis in die letzte Faser aufgedröselt hat, kann das Gericht nicht mehr mit irgendwelchen Allgemeinplätzen daherkommen, sonders muß was wirklich fundiertes abliefern. Nach meinem persönlichen Empfinden haben die Jungs da bloß zwei Möglichkeiten. Entweder sie verwandeln das KraftStG mit Hilfe einer fragwürdigen Interpretation des "politisch Gewollten" in ein totales Gummigesetz, was jedem Beamten die Möglichkeit der freiesten Interpretation erlaubt, oder sie richten sich wörtlich nach dem Gesetzestext und liefern neue, angepasste Bewertungskriterien gleich mit. Irgendwas dazwischen kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.
Wir werden's erleben.

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RBW
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Beitrag von RBW »

Zitat: ... oder sie richten sich wörtlich nach dem Gesetzestext ...

Möge sich der Vorsitzende an das erinnern, was er im Studium mal gelernt hat: "Es gilt nicht der gesunde Menschenverstand, sondern der Buchstabe des Gesetzes"

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landcruiser
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Beitrag von landcruiser »

Ist das das Ergebnis der KLage von pro allrad?

hier der direkte link:

http://www.bundesfinanzhof.de/www/press ... se102.html

und hier der Text:

Geländewagen sind für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer unabhängig vom europäischen Verkehrsrecht als PKW zu behandeln
- Urteil vom 01.10.08 II R 63/07 -



Mit Urteil vom 1. Oktober 2008 II R 63/07 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Kombinationskraftwagen unabhängig von der verkehrsrechtlichen Einstufung nach europäischem Gemeinschaftsrecht kraftfahrzeugsteuerrechtlich regelmäßig Personenkraftwagen sind.

Die Klägerin war Halterin eines "Toyota Typ J7 Landcruiser". Sie hatte das zulässige Gesamtgewicht von ursprünglich 2 805 kg ohne technische Änderungen auf 2 399 kg abgelastet. Das Finanzamt hatte daraufhin das Fahrzeug als Personenkraftwagen (PKW) behandelt und die Kraftfahrzeugsteuer emissionsbezogen nach Hubraum festgesetzt. Die Klägerin war demgegenüber der Auffassung, nach europäischem Gemeinschaftsrecht handele es sich um ein anderes Fahrzeug im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG), das nach Gewicht zu besteuern sei.

Der BFH ist der Klägerin nicht gefolgt. Europäisches Gemeinschaftsrecht, so der BFH, enthalte keine für die Mitgliedstaaten verbindlichen Festlegungen hinsichtlich der Einteilung von Kraftfahrzeugen für die Erhebung von Kraftfahrzeugsteuern und die Einstufung von Kraftfahrzeugen als "PKW". Für die Kraftfahrzeugsteuer sei ein eigener, steuerrechtlicher Begriff des "PKW" maßgeblich Danach müsse die Unterscheidung zwischen PKW und anderen Fahrzeugen i.S.d. KraftStG im Rahmen einer Gesamtwürdigung anhand von Bauart, Ausstattung zur Personenbeförderung und sonstiger Einrichtung des Fahrzeuges, insbesondere zur Beförderung von Gütern, vorgenommen werden. Da Geländewagen wie Kombinationskraftwagen vom Hersteller zur Personenbeförderung konzipiert seien und sich nach Bauart, Einrichtung und äußerem Erscheinungsbild nicht von einem PKW unterschieden, seien sie kraftfahrzeugsteuerrechtlich regelmäßig PKW.

Dies gelte für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 2,8 t bereits für die Zeit vor dem 1. Mai 2005, für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t, die bis 30. April 2005 als LKW nach Gewicht zu besteuern gewesen seien, erst ab 1. Mai 2005.

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proallrad
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Beitrag von proallrad »

hier auch nochmal ..

Ich setze das Urteil http://www.bundesfinanzhof.de/www/entsc ... R6307.html heute oder morgen mit Kommentar online - denn so einfach ist es ersten nicht zu verstehen, zweitens muss man die Rechtsfehler aufzeigen und drittens ist das Urteil ein Fall für Karlsruhe (den "Gang" dahin bereiten wir gerade vor).

Mehr dazu (warum, weshalb, wieso etc.) wenn ich es online gestellt habe.

Gruß

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Thomas D
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Beitrag von Thomas D »

ja das ist es.
War von Anfang an zu erwarten und überrascht mich in keinster Weise.
Tut mir leid für die, die dort Hoffnung und Geld investiert haben.
Gruß
Tom
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proallrad
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Beitrag von proallrad »

Thomas D hat geschrieben:ja das ist es.
War von Anfang an zu erwarten und überrascht mich in keinster Weise.
Tut mir leid für die, die dort Hoffnung und Geld investiert haben.
Gruß
Tom


...schön das Du von der Materie keine Ahnung hast - grundsätzlich sollte man abwarten was am Ende raus kommt, bevor man jetzt wieder mit solchen "Sprüchen" kommt: "ich habs ja gewusst". Wartet erstmal ab, was der BFH da versucht, oder kannst Du (Tom) der breiten Masse das schon darlegen?

Gruß

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